Politik wird ja oft als das Bohren harter Bretter bezeichnet. Selten habe ich dieses Bild als so passend empfunden, wie bei der Erarbeitung des neuen Raumordnungsgesetzes. Seit Anfang der 2000er Jahre ringen unterschiedliche Kärntner Regierungen darum, dieses Gesetz neu aufzustellen, den „Raum Kärnten“ nachhaltig und enkeltauglich zu ordnen.
Seit meinem Amtsantritt im Jahr 2018 versuche ich, dieses Projekt umzusetzen und dabei die verschiedensten Interessen und Weltanschauungen unter einen Hut zu bringen.
Und heute… ist es tatsächlich soweit! Die Abgeordneten des Kärntner Landtages haben das neue Raumordnungsgesetz beschlossen. Mit Anfang 2022 tritt es in Kraft. Ich gestehe: Ich bin ein bisschen stolz darauf, dass wir das jetzt gemeinsam geschafft haben. Ich bin auch ein bisschen stolz darauf, dass wir nunmehr gesetzlich geregelt haben, sorgsamer mit unserem schönen Land umzugehen. Weniger verhütteln, weniger zubetonieren, weniger kalte Betten – dafür mehr Augenmerk auf Natur und Baukultur. Das war das Ziel. Dem sind wir ein großes Stück nähergekommen. Viel näher, als anfangs gedacht.
Natürlich liegt eines in der Natur der Dinge: Manchen geht das neue Gesetz viel zu weit. Anderen bei weitem nicht weit genug. Aber in Wahrheit haben wir jetzt eine gute Basis geschaffen, an der wir weiterarbeiten können.
Das neue Gesetz definiert Ziele und Grundsätze der Raumordnung, denen alles Weitere untergeordnet ist.
Zum Beispiel:
- Die natürlichen Lebensgrundlagen möglichst zu schützen und pfleglich zu nutzen.
- Die Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes, die Vielfalt und die Eigenart der Kärntner Landschaft und die Identität der Regionen des Landes zu bewahren.
- Der freie Zugang zu Seen, öffentlichen Gewässern und sonstigen Naturschönheiten ist nach Möglichkeit zu sichern.
- Die Bevölkerung ist vor Gefährdungen durch Naturgewalten sowie vor vermeidbaren Umweltbelastungen soweit als möglich zu schützen.
- Der Fortbestand einer existenzfähigen bäuerlichen Land- und Forstwirtschaft ist durch die Erhaltung und Verbesserung der dazu erforderlichen räumlichen Voraussetzungen sicherzustellen.
- Die räumlichen Voraussetzungen für einen leistungsfähigen Tourismus sind weiterzuentwickeln.
- Gebiete mit nutzbaren Wasser- und Rohstoffvorkommen sind von Nutzungen freizuhalten, die eine künftige Erschließung verhindern würden.
- Weitere essentielle Themen sind die Vermeidung von Zersiedelung und der Vorrang des Gemeinwohls vor Einzelinteressen.
Das klingt nicht nur gut, das Gesetz enthält die richtigen Werkzeuge, um meinen Anspruch auch wirklich umzusetzen:
Unseren Kindern und Enkelkindern das wunderschöne Land, das wir alle so lieben, zu übergeben und nicht einen raumordnungstechnischen Scherbenhaufen zu hinterlassen.
Und das ist ein Meilenstein. Nicht nur für diese Legislaturperiode und für mich als Politiker, sondern vor allem für die Menschen in Kärnten und für die künftige Entwicklung unseres Landes. Ich würde sagen: Der Aufwand, das Bohren harter Bretter, hat sich gelohnt.
Daniel Fellner, Landesrat Kärnten
❗️Fragen und Antworten zum neuen Kärntner Raumordnungsgesetz: (K-ROG) 👇🏼
Was hat sich formal geändert?
Raumordnungs- und Gemeindeplanungsgesetz wurden zu einem Gesetz zusammengefasst, damit Raumordnung und Planung in den Gemeinden künftig besser ineinandergreifen.
Müssen Gemeindemandatare das neue Gesetz selbst interpretieren?
Nein, für Interessierte wird es Schulungsangebote geben, ebenso stehen die Raumordnungs-Experten der Gemeindeabteilung des Landes für allfällige Fragen gerne zur Verfügung und stehen Gemeinden bei komplexen Sachverhaltend auch gerne beratend zur Seite.
Was sind die Ziele und Grundsätze des neuen Gesetzes?
Zusammengefasst: Kärnten wird durch das neue Raumordnungsgesetz schöner, smarter, zukunftsfähiger. Weil die wichtigsten Ziele lauten: Die Erhaltung natürlicher Lebensgrundlagen und natürlicher Gegebenheiten, Vorrang für Grünraum und freie Landschaft, möglichste Sicherung zu freien Seezugängen und sonstigen Naturschönheiten. Innenentwicklung vor Außenentwicklung, Flächenrecycling. Bedachtnahme auf Auswirkungen auf Verkehr und Erreichbarkeit mit Öffis. Stärkung von Orts- und Stadtkernen. Weiters sollen künftig die vom Land Kärnten beschlossenen Baukulturellen Leitlinien vermehrt umgesetzt werden.
Greift das neue ROG in die Gemeindeautonomie ein?
Nein – Widmungen sind und bleiben Sachen der Gemeinde. Das neue ROG gibt den Gemeinden sogar neue Instrumente in die Hand, um effizienter gestalten zu können.
Was ändert sich beim Örtlichen Entwicklungskonezpt (ÖEK)?
Das OEK wird künftig wichtiger sein, weil es nun Verordnungscharakter hat und somit rechtsverbindlich ist. Weiters gilt es in Zukunft, bei der Erstellung des ÖEKs Siedlungsschwerpunkte, etc. genau zu planen, weil dadurch Widmungsverfahren beschleunigt werden können.
Was bedeutet „Baulandmobilisierung“ und wofür ist das gut?
Künftig gibt es die Möglichkeit der Befristung von neu festzulegendem Bauland für einen Zeitraum von 10 Jahren. Wenn das Grundstück innerhalb dieser 10 Jahre nicht bebaut wird, ist eine neue Widmung möglich. Weiters kann die Gemeinde bei Grundstücken, die bereits seit zehn Jahren gewidmet sind, eine Bebauungsfrist von 10 Jahren festlegen. Nach Ablauf ohne Bebauung ist wiederum neue Widmung möglich.
Ziel dieser Maßnahme: Vermeidung von Baulandüberhang und Spekulation, dafür aber leistbares und verwendbares Bauland für Kärntner Bevölkerung. Denn: Derzeit gibt es in Kärnten 70 Quadratkilometer (!) gewidmetes, aber ungenutztes Bauland.
Was ändert sich bei den Einkaufszentren (EKZ)?
Bestehende Einkaufszentren haben einen Bestandsschutz. Künftig wird es allerdings nicht mehr ohne weiters möglich sein, EKZ einfach auf die grüne Wiese zu bauen. Stattdessen sollen sie in den Orten errichtet werden. Damit soll vermieden werden, dass die Ortseinfahrten zugepflastert sind mit EKZ, dafür aber die Ortskerne veröden.
Wie wird mit dem Thema Zweitwohnsitze umgegangen?
Ein Freizeit-Wohnsitz bedarf immer Sonderwidmung – künftig wird es wesentlich schwieriger werden, eine Widmung für Zweitwohnsitz-Anlagen zu bekommen. Damit soll den vielen „Kalten Betten“ und verödeten Ortskernen – vor allem in Tourismusgebieten – der Kampf angesagt werden.
Welche Neuerungen gibt es im Bereich der Landwirtschaft?
Das Wohnen auf Hofstellen ist wie bisher möglich. Mit dem neuen Gesetz ist auch nach der Auflassung der Landwirtschaft das weiter Wohnen rechtlich gedeckt.
„Rückwidmungen“ war eines der Reizwörter im Zusammenhang mit dem neuen Gesetz?
Ja, aber zu unrecht. Bereits die alte Rechtslage ermöglichte Rückwidmungen. Wenn eine Planungsprognose sich als falsch erweist oder veränderte Rahmenbedingungen vorherrschen, muss es der Gemeinde einfach möglich sein, Änderungen herbeizuführen. Allerdings: Jede Rückwidmung: wird im Einzelfall beurteilt samt sachlicher Begründung.
Welche positive Auswirkungen wird das neue ROG haben?
Etliche! Und zwar für alle Beteiligten.
Für die Widmungswerber:
- Schnellere Verfahren bei entsprechender frühzeitiger Behandlung im ÖEK
- Klare und transparente Rahmenbedingungen für die räumliche Entwicklung
- Reduktion der Folgekosten durch Nutzung bestehender Infrastrukturen
Für das Land:
- Eindämmung der Zersiedelung
- Schutz von hochwertigen Lebensräumen
- Erhaltung des Natur- und Landschaftsraumes
- Kostenreduktion für Schutzmaßnahmen im Kontext mit der Klimaanpassung (Naturgefahren)
- Verringerung der verkehrlichen Belastungen und Aufwendungen für teure Infrastrukturen
- durch Konzentration der Siedlungs- und Wirtschaftsentwicklung
Für die Gemeinden:
- Reduktion der infrastrukturellen Belastungen der Gemeinden
- Konzentration auf räumliche und strukturelle Schwerpunkte
- Stärkung des soziokulturellen Zusammenlebens durch Siedlungsschwerpunkte
- Ermöglichung neuer Wohn- und Siedlungsformen (flächensparendes, leistbares Wohnen)
Wann tritt das Gesetz in Kraft?
Anfang 2022, es gibt natürlich Übergangsfristen. Nach fünf Jahren wird das Gesetz evaluiert.